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Vier Marathon-Altmeister tun’s zum 30. Mal


Von links: Kalli Flach, Bernhard Schacke, Renndirektor Jo Schindler, Eugen Föt, Horst Jendrasch (Foto: Veranstalter)

Sie sind die heimlichen Helden des Frankfurt-Marathons: Kalli Flach, Eugen Föt, Horst Jendrasch und Bernhard Schacke. Warum? Weil sie seit der Marathonpremiere am 17. Mai 1981 an allen Veranstaltungen teilgenommen und den Lauf über 42,195 Kilometer auch beendet haben. Die glorreichen Vier sind natürlich Mitglieder des Frankfurt Marathon Clubs und damit stolze Besitzer einer ewigen Startnummer - hierfür sind zehn erfolgreiche Rennen erforderlich. Doch darüber können die Dauerbrenner aus dem Rhein-Main-Gebiet nur müde lächeln. Flach, Föt, Jendrasch und Schacke sind wie früher der VW Käfer - sie laufen, laufen und laufen, einfach immer weiter. Und so feiern sie am 30. Oktober - wie auch der Frankfurt-Marathon - ein ganz besonderes Jubiläum: Die vier Herren im Alter von 60 bis 75 Jahren sind dann nämlich zum 30. Mal dabei. Doch was treibt sie an? Warum geht es immer weiter? Was haben sie in 30 Jahren alles so erlebt auf dem Frankfurter Asphalt?





Horst Jendrasch


Horst Jendrasch (Foto: Veranstalter)

75 Jahre alt ist der ehemalige Zusteller der Deutschen Bundespost. Körperliche Probleme? Fehlanzeige. „Nichts, alles in Ordnung.“ Was auch daran liegen dürfte, dass Jendrasch ein vernünftiger Altersklassenläufer ist. „Die Zeit spielt doch schon längst keine Rolle mehr. Man ist froh, wenn man durchkommt.“ 33 Jahre war er, als er mit dem Laufen begonnen hat, damals hatte er Übergewicht und wollte seine überflüssigen Pfunde loswerden. 88 Kilogramm bei einer Körpergröße von 1,68 Meter, das war eindeutig zuviel. Also ist Jendrasch einfach mal losgelaufen. „Nach meiner Arbeit hatte ich ja immer genügend Zeit. Im Laufe der Jahre bin ich dann immer längere Strecken gelaufen.“ Und wenn’s am 30. Oktober 2011 um 10 Uhr vor dem Messeturm losgeht, steht sein 132. Marathonlauf unmittelbar bevor. „Frankfurt ist jedes Jahr der Abschluss der Laufsaison“, sagt Jendrasch. Der Senior mit der ewigen Startnummer 157 ist im Trikot der TuS Hornau unterwegs - aber längst nicht nur über die Marathondistanz. Auch die 100 Kilometer von Biel hat er bereits 34 Mal hinter sich gebracht, seine Premiere bei dem Ultraklassiker in der Schweiz feierte er bereits 1977. Die Marathon-Bestzeit von Jendrasch steht bei 2:59:10 Stunden, erzielt im Jahr 1983. „Mit dem Laufen kann man nicht aufhören, der Körper hat sich darauf eingestellt.“


Bernhard Schacke


Bernhard Schacke (Foto: Veranstalter)

„Als gebürtiger Frankfurter ist mir der Frankfurt-Marathon am liebsten“, sagt Schacke. Seine 74 Jahre sieht man dem ehemaligen IBM-Mitarbeiter nicht an, er wirkt entspannt, unglaublich entspannt. Schacke ist im Stadtteil Höchst geboren und aufgewachsen. Und bereits zwei Wochen vor dem 1. Hoechst-Marathon - so hieß die Premierenveranstaltung des ersten deutschen Stadtmarathons offiziell - hatte er in Frankfurt am sogenannten Stadtwald-Marathon teilgenommen. Im Training zuvor war Schacke maximal 25 Kilometer weit gelaufen, mit heutigen Maßstäben bewertet, ist seine Vorbereitung also eher suboptimal gewesen. Doch der Mann mit der (ewigen) Startnummer 777 kam durch und nach 3:10:39 Stunden ins Ziel. Seine persönliche Rekordzeit stellte er fünf Jahre später im Alter von 49 Jahren mit 2:52:15 Stunden auf. Ein ambitionierter Tempoläufer ist Schacke immer noch, wenngleich sich die Ansprüche auch bei ihm natürlich längst verschoben haben: „Wenn ich den Geburtstags-Marathon zwischen vier und viereinhalb Stunden abschließe, ist das völlig in Ordnung.“ Dass Schacke am 6. Juli 2008 auch den Ironman Frankfurt erfolgreich beendete, und dies als Schnellster der Altersklasse 70, sei nur am Rande erwähnt.


Eugen Föt


Eugen Föt (Foto: Veranstalter)

Ob er auf seine Frau hören wird? „Nach dem 30. machst Du aber Schluss“, hat Föt von seiner Gattin vor ein paar Monaten zu hören bekommen. Man muss Verständnis haben für Frau Föt, schließlich lebt sie mit der laufenden Leidenschaft ihres Mannes schon sehr mehr als drei Jahrzehnten. Damals, 1981, hat sie ihn sogar für „verrückt“ erklärt, als sich der Fußballer Föt spontan für den Hoechst-Marathon anmeldete. Mit zwei Trainingseinheiten pro Woche hatte er sich auf sein Debüt vorbereitet, herausgekommen sind überaus respektable 3:21 Stunden. Er legte vor 30 Jahren sogar Zwischensprints ein, so motiviert wurde er vom Publikum. Es waren andere Zeiten damals, bis zum Lifestyle-Boom war es noch lange hin, die Welt des Marathons befand sich im Aufbruch, wirklich gut informiert über die Leiden auf 42,195 Kilometer waren längst nicht alle. Doch die Begeisterung hat sie alle getragen, die meisten bis ins Ziel. „Meine Herangehensweise war abenteuerlich“, sagt Föt. Heute muss er darüber lachen. Der Läufer vom TSV Bonames hat sich bei dem Klassiker in Frankfurt immer durchgekämpft, auch 1992 trotz strömenden Regens und Temperaturen um die sechs Grad Celsius, und das in „Lebensbestzeit“ von 2:51:47 Stunden. Die perfekte Organisation in Frankfurt hat Föt immer begeistert, und wenn alles gut läuft, wird er bei seinem 30. (und hoffentlich nicht letzten Frankfurt-Start) in etwa 4:15 Stunden ins Ziel kommen. Der Mann hat Ansprüche an sich selbst, nur feiern lassen will er sich nicht.


Kalli Flach


Kalli Flach (Foto: Veranstalter)

Er erinnert sich bestens. Wie die Marathonläufer eher belächelt als bewundert, von den Normalbürgern zumindest nicht ganz ernst genommen wurden. „Hop, hop, hop“ haben die Zuschauer dann vom Streckenrand aus gebrüllt. Als wären Läufer wie Flach irgendwelche Springpferde, die ein Hindernis vor sich haben. Ober die Zuschauer gaben einen Rhythmus vor: „Eins, zwei, eins, zwei…“ Wer mit dem gebürtigen Frankfurter Flach redet, muss sich auf ein längeres Gespräch einstellen, denn er hat viel zu erzählen. 73 ist er jetzt und beim Frankfurt-Marathon seit 1981 dabei. Ziemlich überragende 2:38 Stunden war er seinerzeit unterwegs und erreichte den 88. Platz. Diese Bestzeit steht noch immer. „29 Mal dabei gewesen, das ist eine schöne Serie, oder?“, sagt er. Und die dürfe auf keinen Fall „kaputt gehen“. Flach, der sich als „Wiederholungstäter“ bezeichnet, ist im Winter auf der Flucht, lebt in Cala Ratjada auf Mallorca, im Sommer in Rodenbach nahe Hanau. Und fit für Zeiten unter fünf Stunden ist er immer noch gut. Doch wann die Uhr stehen bleibt, ist schon eher unrelevant. Flach will in die Festhalle einlaufen, den Jubel der 7.000 Zuschauer spüren, dann ist er glücklich. Am 30. Oktober zum 30. Mal. Ein Statistikbesessener ist er obendrein. „Ich habe alle Ergebnislisten aus Frankfurt seit 1981.“

Uwe Martin

 


03/10/2011