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79,42 Meter - Betty Heidler wirft Weltrekord


Daumen hoch: Betty Heidler und die neue Weltrekordweite (Foto: Iris Hensel)

Europameisterin Betty Heidler von der LG Eintracht Frankfurt hat die WM-Saison 2011 mit einem Paukenschlag eröffnet: Beim Internationalen Werfer-Meeting in Halle/Saale verbesserte die 27-Jährige den Hammerwurf-Weltrekord der Polin Anita Wlodarczyk im dritten Versuch um 1,12 Meter auf 79,42 Meter. Bereits im ersten Versuch hatte Heidler ihren deutschen Rekord um sieben Zentimeter auf 77,19 Meter gesteigert. „Der Rekord ist keine Überraschung gewesen“, sagte die Weltmeisterin von 2009 der Nachrichtenagentur dpa. „Ich bin unheimlich locker gewesen. Das kommt aus der Sicherheit, die ich mir erarbeitet habe. Ich weiß genau, wo ich locker sein muss.“ Zur Weltmeisterschaft Ende August nach Daegu (Südkorea) fährt die Hessin jetzt als Favoritin. „Ich kann noch mehr“, hatte sie bereits nach ihrem nationalen Rekordwurf gesagt.

Fünf Stunden nach ihrem Rekordwurf ließ es Betty Heidler dann richtig krachen. Zur abendlichen Feier erschien sie mit Strohhut und Blumengürtel und sang „Es grünt so grün, wenn Spaniens Blüten blühen“ in einer Karaoke-Version. Die Aufführung war exzellent - wie ihre Vorstellung im Hammerwurfring, die 3.000 Zuschauer gesehen hatten. Es war übrigens der erste Weltrekord einer deutschen Leichtathletin/eines deutschen Leichtathleten, seit Nicole Rieger vor zwölf Jahren im Stabhochsprung 4,56 Meter erreicht hatte. Die 79,42 Meter sind zudem der vierte aktuelle Freiluft-Weltrekord für den DLV in den Listen des Weltverbands (IAAF). Die Bestmarke des heutigen Diskus-Bundestrainers Jürgen Schult feiert am 6. Juni bereits sein 25-jähriges Bestehen - Schult schleuderte die Scheibe 1986 in Neubrandenburg 74,08 Meter weit. Gleichfalls aus der Zeit gefallen erscheinen bei den Frauen die Bestmarken von Gabriele Reinsch (Diskus/76,80 Meter am 9. Juli 1988 in Neubrandenburg), die 400-Meter-Zeit von Marita Koch aus dem Jahr 1985 (47,60 Sekunden) und die Leistung der 4x100-Meter-Staffel mit Silke Gladisch, Sabine Rieger, Ingrid Auerswald und Marlies Göhr, die am selben Tag beim Weltcup in Canberra (Australien) 41,37 Sekunden sprinteten.

Die vier erwähnten Höchstleistungen aus der Hochphase des DDR-Staatsdopings sind nach wie vor höchst umstritten; der Versuch, sie aus den Rekordlisten zu verbannen, ist bekanntlich gescheitert. Zwei andere deutsche Athletinnen halten Hallen-Weltrekorde: Cornelia Oschkenat mit 6,58 Sekunden über die mittlerweile längst verwaisten 50 Meter Hürden (1988) und Heike Drechsler mit 7,37 Metern im Weltsprung (1988). Die Daten deuten es schon an: Auch diese Leistungen sind von DDR-Athletinnen erzielt worden.

Betty Heidler präsentierte sich zum Auftakt des Wurfsommers gereift und wurftechnisch stabil, Bundes- und Heimtrainer Michael Deyhle hatte zudem psychischen Stress im Training simuliert. „Unser Traum ist es, dass Betty als erste Frau über 80 Meter wirft“, sagt er. Weiter aufwärts war es zuletzt während des dreiwöchigen Trainingslagers in Zypern gegangen. Betty Heidler ist seit dem 21. Mai 2011 obenauf, ganz oben. Sie war Weltmeisterin (2007), ist aktuelle Europameisterin, ihr Weltrekord ist ein frühes Sahnehäubchen in der Saison 2011. Tiefpunkte gab es auch - insbesondere bei den Olympischen Spielen 2008 stand die Wahl-Frankfurterin völlig neben sich und schied in der Qualifikation aus. „Niederlagen sind wichtig, wenn man die richtigen Lehren daraus zieht“, sagt Deyhle. Betty Heidler hat sie gezogen. Die Bundespolizistin konzentriert sich auf die wesentlichen Dinge, hetzt nicht mehr von PR-Termin zu PR-Termin, wie es früher schon mal der Fall gewesen ist („Ich wusste ja nicht, ob ich so etwas noch mal erleben würde“). Mittlerweile ist die 27-Jährige ganz bei sich, lässt sich kaum noch aus der Ruhe bringen. Und auch ihr Jura-Grundstudium an der Frankfurter Goethe-Universität hat Betty Heidler erfolgreich hinter sich gebracht.

Uwe Martin

Hier geht’s zum Weltrekord-Video von hr-online



Die Weltrekordentwicklung im Hammerwurf der Frauen:


69,58 Mihaela Melinte (Rumänien) 03.03.1997 Bukarest

70,78 Olga Kuzenkowa (Russland) 11.06.1997 Smolensk

73,10 Olga Kuzenkowa (Russland) 22.06.1997 München

73,14 Mihaela Melinte (Rumänien) 16.07.1998 Poiana Brasov

75,97 Mihaela Melinte (Rumänien) 13.05.1999 Clermont-Ferrand

76,07 Mihaela Melinte (Rumänien) 29.08.1999 Rüdlingen

77,06 Tatjana Lysenko (Russland) 15.07.2005 Moskau

77,26 Gulfija Khanafejewa (Russland) 12.06.2006 Tula

77,41 Tatjana Lysenko (Russland) 24.06.2006 Schukowsky

77,80 Tatjana Lysenko (Russland) 26.05.2007 Tallinn

77,96 Anita Wlodarczyk (Polen) 22.08.2009 Berlin

78,30 Anita Wlodarczyk (Polen) 06.06.2010 Bydgoszcz

79,42 Betty Heidler (Frankfurt/Main) 21.05.2011 Halle/Saale

 


23/05/2011