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EM-Starter Niklas Zender wartet auf den „Klick“


Niklas Zender bei der DM in Bochum-Wattenscheid (Foto: Iris Hensel)

Niklas Zender war nicht einmal 18 Jahre alt, als er 2008 in Mannheim die Stadionrunde in 46,18 Sekunden hinter sich brachte. Äußerst bemerkenswert war und ist diese Jugendleistung in zweierlei Hinsicht. Zum einen warten seither viele Fachleute auf den großen Knall bei dem mittlerweile im Fachbereich Medizin der Frankfurter Universität eingeschriebenen Studenten. Zum anderen belegen die vier Jahre alte Zeit und der Blick in die aktuelle Bestliste, was sich in dieser olympischen Spanne von 2008 bis 2012 über 400 Meter getan hat in Deutschland: nichts. Schneller als Zender vor vier Jahren ist bislang nur der deutsche Meister Eric Krüger (SC Magdeburg/45,97). Krüger lief bei den Titelkämpfen in Bochum-Wattenscheid 46,15 Sekunden, Zender als Vierter 46,82 Sekunden - und qualifizierte sich damit für die 4x400-Meter-Staffel bei den Europameisterschaften in Helsinki, die am Mittwoch begonnen haben. Die Staffelrennen stehen am Wochenende an, und für den Viertelmeiler von der LG Eintracht Frankfurt sind es die ersten internationalen Meisterschaften auf Männerniveau. Die Wartezeit war ja auch lange genug.

„Ich freue mich, dass es geklappt hat. Das war am Anfang der Saison nicht absehbar. Aber es wurde von Rennen zu Rennen besser“, sagt Zender. Noch immer steht sein Hausrekord bei 46,18 Sekunden, Saisonbestzeit lief er Anfang Juni in Regensburg (46,62). Doch Zender fühlt sich bereit. Für die EM sowieso, aber auch für Zeiten unter 46 Sekunden. „Aber ich habe noch Schwierigkeiten, den Lauf richtig zu treffen.“ Er ist wieder gesund, anders als in den Jahren 2010 und 2011. Die Saison 2010 hatte er nach dem DM-Vorlauf (47,71) beendet, er war nicht in Form, nachdem er sich im Winter an der Kniesehne verletzt hatte. Der sechste Platz bei den vergleichsweise unbedeutenden Team-Europameisterschaften mit der 4x400-Meter-Staffel war da nur ein schwacher Trost. Viel besser lief es auch im vergangenen Jahr nicht.

Aus dem Trainingslager in Südafrika, genauer aus Stellenbosch, brachte er im Frühjahr eine Krankheit mit nach Deutschland, die nie genau diagnostiziert wurde, ihn aber schwächte. Der dritte Staffelplatz bei der Team-EM und Rang zwei bei den deutschen Juniorenmeisterschaften (46,79) waren die Höhepunkte einer Saison, zu deren Beginn er das Gefühl hatte, „nicht mehr richtig laufen zu können“. Zender hatte den Verein gewechselt, Friedberg-Fauerbach den Rücken gekehrt und sich der Frankfurter Trainingsgruppe um Volker Beck angeschlossen. Einen wirklichen Erfolg gab es jedoch nur außerhalb der Laufbahn. Durch ein absolviertes Helferpraktikum im Krankenhaus konnte er seinen Abiturschnitt um 0,2 drücken und so den Numerus Clausus für das angestrebte Medizinstudium erfüllen. Die letzte Veränderung erfolgte im Oktober 2011: Zender, der aus Pfaffenwiesbach bei Wehrheim stammt, zog nach Frankfurt um.

Jetzt ist der junge Mann quasi wieder in der Bahn. „In meinem jugendlichen Elan sind die Zeiten nur so gepurzelt“, sagt er. Mittlerweile hat er einige trainingsmethodische Anpassungsprozesse hinter sich, auch im Kraftbereich, und fühlt sich ausgezeichnet. „Mein ganzes System ist stabiler, ich bin körperlich viel weiter und habe mich auch im Kopf frei gemacht. Es passt alles, es muss nur endlich mal klick machen.“ Im 400-Meter-Finale bei der DM hat es das nicht getan. Zender rannte die hälftige Teilstrecke bis zur zweiten Kurve „eigentlich viel zu langsam“ - und benötigte mit 46,82 Sekunden sogar eine Hundertstel mehr als im Vorlauf. Doch das große Ziel, die EM-Qualifikation war erreicht.

In Helsinki geht es für die deutsche Staffel nun auch darum, sich mit einer guten Zeit dem Deutschen Olympischen Sportbund für die Spiele in London zu empfehlen. „Das EM-Finale zu erreichen ist sowieso Pflicht“, sagt Zender. „Und vielleicht holen wir im besten Fall sogar eine Medaille.“ Wobei die Einzelzeiten der vier deutschen Starter nicht unbedingt erfolgsverdächtig sind, es geht nur über den Teamgeist. „Völlig schnuppe“ ist Zender, welche Position er laufen muss. Dabei sein, das allein zählt zunächst einmal.

Uwe Martin

 


29/06/2012