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Vom Vertikal- zum Horizontalsprung


Ariane Friedrich (Foto: Iris Hensel)

Die Botschaft bewegte wieder einmal die Gemüter, und im Forum der fachbezogenen Homepage wurde sogleich munter diskutiert. Kann sie das? Hält ihr Bewegungsapparat stand? Oder ist das nur ein PR-Gag? Ein weiterer, wie süffisant angefügt wurde? Und sollen mit dem avisierten und zeitlich begrenzten Jobwechsel von Ariane Friedrich vom Hoch- zum Weitsprung nicht nur die Sponsoren zufriedengestellt werden? Was noch fehlte, war die Frage, ob ihr Trainer Günter Eisinger das überhaupt kann - Weitsprung trainieren. Aber soweit ist es nicht gekommen. Eine kurze Meldung produzierte in einer nachrichtenarmen Zeit erhebliche Nachwehen - so geht das schon länger bei der bald 29 Jahre alten deutschen Rekordhalterin von der LG Eintracht Frankfurt (2,06 Meter/2009). Doch warum sollte sie den temporären Wechsel vom Vertikal- zum Horizontalsprung nicht mal probieren?

Die Ursache für das Kurzzeitprojekt Weitsprung in der Hallensaison liegt ein knappes Jahr zurück. Beim Krafttraining verletzte sich Ariane Friedrich an der rechten Schulter, eine Sehne riss in Längsrichtung ein. Direkt nach den Olympischen Spielen ließ sich die Polizeikommissarin operieren, dabei wurde auch ein Stück Knochen entfernt. „Die Operation war keine ganz kleine Sache“, sagt Eisinger. Ariane Friedrich ist mittlerweile längst wieder gesund. Auch die Kraftwerte stimmen, doch an schulterbelastende Maximallasten, etwa beim Reißen, wagt sie sich aus Vernunftgründen nicht heran. Auch das beidarmige Werfen einer Leichtathletik-Kugel fehlt noch im Übungsprogramm. „Und ohne spezifische Übungen hätten Hochsprung-Wettkämpfe keinen Sinn gemacht“, sagt Eisinger. So entstand die Weitsprung-Idee. Und mit Druck von Sponsoren, die auf eine Präsenz seiner Athletin gedrungen hätten, habe dies nun gar nichts zu tun.

„Wir tasten uns langsam heran“, sagt Eisinger. Zweimal sagt er das. Zunächst geht es um die Maximalbelastungen im Kraftraum, zum anderen um den Weitsprung. Mit verkürztem Anlauf, etwa 10,50 Meter, sei Ariane Friedrich über fünf Meter gesprungen, mit Höchstgeschwindigkeit sollte es dann schon eine Sechs vor dem Komma werden. Dann, und nur dann, wird sie bei den hessischen Hallenmeisterschaften am 12. Januar in Stadtallendorf starten. „Es ist nicht verkehrt, in einer Übergangsphase etwas anderes zu machen“, sagt Eisinger. Ob es richtig ist, kann Ariane Friedrich nur mit Leistung auflösen - genauso wie zuletzt bei den Olympischen Spielen. Ihre 1,93 Meter und das Ausscheiden in der Qualifikation waren für einige Beobachter Grund genug für zumindest bösen Spott. Ein Weitsprung von nur wenig mehr als sechs Metern hätte dieselbe Konsequenz. Geht sie mit 6,20 bis 6,30 Meter aus der Grube und sagt „Das hat Spaß gemacht“, wäre die Welt mit Blick auf die Kritiker in spe in Ordnung.

Dass Hochsprung nicht immer alles sein muss, haben die amerikanische Hallen-Weltmeisterin Chaunté Lowe mit 6,90 Meter im Weitsprung und der WM-Dritte von 2009, Raul Spank aus Dresden, mit diversen Abstechern zum Dreisprung (16,54 Meter) bewiesen. Und Eisinger hat in seiner langen Karriere auch schon Weitspringer zu Bestweiten trainiert. Etwa Brigitte Mandel (6,49 Meter/1982), Frank Loeven (7,90/2000), Hartmut Eifler (7,92/1987) und Axel Dimmel (7,74/1989). Dass im Vorbeigehen mit sehr kurzer Vorbereitungszeit keine absolute Topleistung im Weitsprung zu erwarten ist, dürfte dem Duo Friedrich/Eisinger bewusst sein. Denn schon der 1984er Olympiasieger Dietmar Mögenburg (2,39 Meter) blieb bei seinem zwischenzeitlichen Ausflug in den Sand ebenso deutlich unter acht Metern wie der WM-Dritte Martin Buß (2,36).

Uwe Martin

 


05/01/2013