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Zwei Frauen, ein Ziel: gemeinsam nach Zürich


Carolin Schäfer hat gut lachen (Foto: IRIS)

Carolin Schäfer und Claudia Rath von der LG Eintracht Frankfurt nutzten die hessischen Meisterschaften in Wetzlar für einen letzten Formtest vor dem entscheidenden Mehrkampf-Meeting in Ratingen (28./29. Juni). Die Trainingspartnerinnen gewannen jeweils einen Titel und wollen zusammen zur EM in Zürich (12. bis 17. August). Während Claudia Rath überzeugt ist, dass ihr Weitsprung-Blackout von Götzis ein einmaliger Fauxpas bleiben wird, genießt Carolin Schäfer ihre neue Rolle als Frontfrau des deutschen Siebenkampfes.


"Druck? Welcher Druck?" Freundlich, aber entschieden entkräftet Carolin Schäfer die Vermutung, dass ihr Topergebnis von Götzis (6.386 Punkte) sie belasten oder gar hemmen könnte. "Nein, für mich stehen die anderen unter Druck. Sie müssen mich angreifen. Ich bin in der besten Ausgangsposition", stellt die 24-Jährige selbstbewusst fest. Schäfers Leistung von Götzis ist der Orientierungspunkt für fast alle anderen deutschen Mehrkämpferinnen, sei es die Olympia-Zweite Lilli Schwarzkopf (LG Hannover; 6.215 Punkte), Julia Mächtig (SC Neubrandenburg; 6.106) oder Maren Schwerdtner (Hannover 96; 6.038). Werden die 6.386 Zähler in Ratingen nicht von drei anderen deutschen Mitstreiterinnen überflügelt, sollte Carolin Schäfer ihr EM-Ticket sicher haben. Nur Claudia Rath hat als WM-Vierte von Moskau einen Bonus. Ihr reichen 6.250 Punkte für Zürich.

Die Stimmung nach Götzis hätte unterschiedlicher nicht sein können. Während Carolin Schäfer erst in den darauffolgenden Wochen ihren Leistungssprung von über 300 Punkten so richtig realisieren konnte, rätselte Claudia Rath, warum ihr ausgerechnet in ihrer Paradedisziplin Weitsprung (Bestleistung 6,67 Meter) drei ungültige Versuche unterliefen. "Ich stand einfach neben mir. Ich bin überzeugt, dass mir so etwas nicht noch einmal passieren wird." Diese Überzeugung rührt aus ihrer Zusammenarbeit mit dem Sportpsychologen Michael Gutmann her, die sie nach Götzis wieder intensivierte. Bereits vor der WM in Moskau hatte Gutmann Claudia Rath mental auf den Saisonhöhepunkt vorbereitet. Ihre Methode, um den Weitsprung-Schock zu überwinden: Weniger ist Mehr. "Ich bin gar nicht so viel weitgesprungen", gibt Claudia Rath zu. "Ich wusste, dass ich vor Götzis auf dem richtigen Weg war. Und die 6,43 Meter in Bernhausen haben gezeigt, dass die Form stimmt." Vielmehr legte die 28-Jährige mit ihrem Trainer Jürgen Sammert den Fokus auf den Hürdensprint und den Speerwurf. "Vor den Hürden habe ich etwas Bammel. Ein kleiner Fehler und alles kann vorbei sein. Aber im Siebenkampf muss man was riskieren. Es zählen keine halben Sachen."


Mit Risiko über die Hürden: Claudia Rath (Foto: IRIS)

In Wetzlar startete Claudia Rath über die Hürden und zeigte sich überrascht, dass sie ohne gleichwertige Konkurrenz im Finale unter 14 Sekunden blieb (13,86) und den Titel holte. "Eigentlich brauche ich die großen Siebenkämpfe, um meine besten Leistungen zu bringen. Ich mag es nicht, wenn sich alles auf mich konzentriert." In ihrer zweiten Disziplin in Wetzlar, dem Hochsprung, lief bis 1,74 Meter alles glatt. "Dann wurden meine Beine schwer." Rath ist optimistisch, dass sie in Ratingen Höhen um 1,77 Meter springen kann.

Ihren Optimismus schöpft sie aus ihrer Zusammenarbeit mit Günter Eisinger. Kaum ein Trainer lebt und analysiert den Hochsprung so wie der Friedberger. Auch Carolin Schäfer profitiert von Eisingers Erfahrung. So steigerte sie sich in Götzis um fünf Zentimeter auf 1,84 Meter. In Wetzlar reichten 1,80 Meter zum Hessentitel. "Das gibt mir Sicherheit für Ratingen. Die Atmosphäre dort ist einzigartig und motivierend", so Schäfer.

Den Hauptgrund für ihren Aufschwung sieht Carolin Schäfer in ihrer verbesserten Schnelligkeit, denn der Siebenkampf lebe nun mal von der Schnelligkeit. Dank einiger "simpler Übungen" kann sie sich mittlerweile auch besser auf sich konzentrieren. Der Sportpsychologe Wolfgang Knörzer aus Heidelberg hat ihr auf die Sprünge geholfen. "Wir lagen sofort auf einer Wellenlänge. Ich strebe eine langfristige Zusammenarbeit an", sagt Schäfer.

Verzicht auf Gluten und Laktose

Langfristig angelegt ist auch das Projekt Ernährung. Was als Versuch begann, hat sich mittlerweile als Volltreffer erwiesen. Carolin Schäfer verzichtet auf gluten- und laktosehaltige Lebensmittel. Eine Allergie oder Unverträglichkeit aber war nicht der ausschlaggebende Punkt. Vielmehr habe sie bei der Ernährung noch viel Entwicklungspotenzial gesehen, so Schäfer. Zusammen mit dem Ernährungsberater Tim Schultz stimmt Carolin Schäfer ihre Ernährung auf ihre Bedürfnisse ab, ohne jedoch dogmatisch Kalorien zu zählen. Gerne geht sie neue Wege. So zum Beispiel ist das Frühstück sehr eiweiß- und das Abendessen sehr kohlehydratreich und nicht umgekehrt. Außerdem habe sie sogar angefangen Gemüse zu mögen. "Es hat eine 180-Grad-Wendung stattgefunden", bringt es die Junioren-Weltmeisterin von 2008 auf den Punkt. Die Folgen sind spür- und sichtbar. "Vor Götzis habe ich drei Kilo abgenommen. Ich bin stabiler und agiler geworden. Vor allem aber habe ich gemerkt, dass ich mich mit dem richtigen Essen einfach wohler fühlen kann."

Ein anderer Grund für das neue Wohlbefinden ist die Zusammenarbeit mit Claudia Rath. Sah man die beiden beim Hochsprung in Wetzlar, mag man kaum glauben, dass Carolin Schäfer und Claudia Rath Konkurrentinnen sind. Ständig tauschten sie sich gegenseitig aus. Sie lachten zusammen und saßen kameradschaftlich nebeneinander. "Wir sind zu guten Freundinnen geworden, mussten aber erst zueinander finden. Die ersten anderthalb Jahre haben wir nicht zusammen trainiert. Erst dann haben wir gemerkt, dass wir voneinander profitieren können", erklärt Rath, die ihrer Trainingskollegin noch heute für die Unterstützung vor der WM in Moskau dankbar ist. Auch gönnt Rath ihrer aufstrebenden Disziplinkollegin den Erfolg. "Ich weiß, wie hart Carolin im Winter dafür gearbeitet hat. Sie hat es sich verdient." Carolin Schäfer beschreibt die Zusammenarbeit mit Claudia Rath als "intensiv und auf hohem Niveau" und fügt hinzu: "Wir haben unterschiedliche Stärken und wir können uns gegenseitig helfen. Wettkampf ist Wettkampf und privat ist privat. Das passt einfach." Und dann spricht Carolin Schäfer das Hauptziel für die weitere Saison aus: "Wir wollen zu zweit nach Zürich."


Sprint-Doppelsiegerin Lara Matheis umrahmt von Julia Blumkaitis (links) und Luca Helen Schmitt (Foto: Schaake)

Wie leistungsfördernd ein gleichwertiger Trainingspartner sein kann, bestätigte auch der Sprint-Doppelsieger Felix Göltl (LG OVAG Friedberg-Fauerbach). Nach seinem Sieg am ersten Tag über die 100 Meter war Göltl am zweiten Tag auch über die doppelt so lange Distanz in 21,22 Sekunden der Schnellste. Sein Trainingspartner Michael Pohl, der über die 100 Meter noch passen musste, wurde Dritter (21,69). "Zwischen uns herrscht eine gesunde Rivalität. Wir treiben uns gegenseitig an und bei uns ist jedes Training ein Wettkampf. Dass Michael ein Vereinskollege ist, intensiviert das Ganze noch einmal", erläutert Felix Göltl. Nach Training oder Wettkampf aber endet die Rivalität. Felix Göltl beschreibt das Verhältnis zu Michael Pohl so: "Im Boxring sind wir Feinde, danach wieder gute Kumpels."

Auch bei den Frauen gab es einen Sprint-Doppelsieg. Während Lara Matheis von der TSG Gießen-Wieseck über 100 Meter noch souverän vorn gelegen hatte, trennten sie über 200 Meter in 24,49 Sekunden ganze drei Hundertstelsekunden von der zweitplatzierten Lea Seyffert (LSG Goldener Grund Selters/Ts.). Marko Arthofer von der LG VfL/SSG Bensheim, der Sieger über 1500 Meter am ersten Tag, ließ in einem sehr von der Taktik geprägten Rennen über 800 Meter 1:55,30 Minuten folgen und lag wieder vorn.

Hammerwerferin Carolin Paesler von der LG Eintracht Frankfurt musste lange auf ihren Wettkampf warten. Angereist aus Berlin, wo sie zusammen mit Betty Heidler bei Michael Deyhle trainiert, trotzte sie der Müdigkeit und machte mit 67,61 Metern noch das Beste daraus. Bald soll der erste 70-Meter-Wurf folgen, nachdem sie diese Marke in Fränkisch-Crumbach mit 69,93 Metern nur ganz knapp verfehlt hatte.

U18: Starke Hammerwurf-Leistungen, Nagorr und Abele überzeugen

Nachwuchs-Hammerwerfer Konstantin Steinfurth (LG Eppstein-Hornau) bestätigte, dass er mittlerweile konstant Weiten über 60 Meter werfen kann. In Wetzlar landete das 5 Kilo schwere Wurfgerät bei 62,38 Meter. Damit sind Konstantin Steinfurth in drei Wettkämpfen in dieser Freiluftsaison (ausgenommen Winterwurf) bereits neun Würfe jenseits der 60-Meter-Marke gelungen. In Deutschland hat in diesem Jahr in der U18-Altersklasse noch keiner den Hammer weiter geworfen als Konstantin Steinfurth.

Kaum spannender hätte der Hammerwurf in der weiblichen U18 verlaufen können. Hier stellten die beiden Erstplatzierten jeweils Bestleistungen auf und am Ende trennte Katharina Zeisler (LG Seligenstadt; 55,68 Meter) und Isabel Weitzel (ESV Jahn Treysa; 55,67) nur ein einziger Zentimeter. Selbst zwischen den zweitbesten Versuchen lag nur ein Zentimeter. 55,50 Meter wurden für Isabel Weitzel gemessen, 55,49 Meter für Katharina Zeisler. Beide nehmen in der deutschen Jahresbestenliste die Ränge vier (Zeisler) und fünf (Weitzel) ein.


Christopher Nagorr (Foto: Benjamin Heller)

Der deutsche U16-Meister im Block Sprint/Sprung, Christopher Nagorr vom LAZ Gießen Stadt und Land, trat mit drei Medaillen und zwei Bestleistungen im Gepäck den Heimweg nach Gießen an. Über 110 Meter verbesserte sich der Schützling von Trainer Markus Czech auf 14,10 Sekunden (davor 14,36) und den dritten Rang in der deutschen Jahresbestenliste, in der auch der Wetzlar-Zweite Adrian Schneider (LG Fulda; 14,49) als Achter geführt wird. Im Speerwurf musste sich Nagorr zwar Eike Kratzsch vom LAV Kassel beugen (57,09 Meter), der 16-Jährige schob sich allerdings im letzten Versuch mit 56,10 Metern (Bestleistung 56,68) noch vom Bronze- auf den Silberrang vor. Dazu kam für Nagorr noch Silber mit Bestleistung im Kugelstoßen (15,02 Meter, davor 14,67) hinter Sieger Maximilian Mellinghoff (LG Eintracht Frankfurt; 15,13).

In beeindruckender Manier triumphierte Lukas Abele (SSC Hanau-Rodenbach) über 800 Meter. Schon als das Feld nach innen zog, übernahm er die Führung und ließ sie sich nicht mehr abnehmen. Auf den letzten 200 Metern gelang es ihm sich von seinen Verfolgern Marc Tortell (TV Rendel; 1:56,34 Minuten) und dem Jahresschnellsten Niklas Harsy (LAZ Gießen Stadt und Land/TSG Lollar; 1:58,34) zu lösen und in neuer persönlicher Bestzeit von 1:54,87 Minuten die Führung in der hessischen Jahresbestenliste zu übernehmen.

Zu den Ergebnissen

Zum 1. Tag


Tammo Lotz

 


23/06/2014