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Beatrice Marscheck wechselt nach Neukölln, Amélie Svensson nach Karlsruhe


Beatrice Marscheck bei der WM 2009 (Foto: IRIS)

Eine Wechselmeldung als sportliches Lebenszeichen: Weitspringerin Beatrice Marscheck verlässt zum Jahresende das LAZ Gießen und startet ab 1. Januar 2016 für die Neuköllner Sportfreunde. Der Wechsel der deutschen Meisterin von 2012 in den Berliner Süden ist beruflich begründet. Nach Abschluss ihres Referendariats, Marscheck studierte an der Universität in Gießen die Fächer Sport und Deutsch, ist die 30-Jährige im September als Lehrerin an einer privaten Gesamtschule im Berliner Umland eingestiegen. Der Vereinswechsel ist die logische Konsequenz - und zeigt, dass der Leistungssport die WM-16. von 2009 immer noch reizt. So zumindest sind Aussagen zu deuten, die sie vor kurzem in einem Interview in der Gießener Allgemeinen Zeitung tätigte. Sie spricht davon, dass sie sich gut vorstellen könne, in der bevorstehenden Hallensaison den einen oder anderen Wettkampf über 60 Meter oder in der Staffel zu absolvieren. Ihre Motivation beschreibt sie als „groß“.

Nach dem Riss ihrer linken Achillessehne im Dezember 2012 war Beatrice Marscheck erst Ende Mai auf die Tartanbahn zurückgekehrt. Sie bestritt innerhalb von drei Wochen drei Wettkämpfe über 100 Meter. Ihre schnellste Zeit: 12,43 Sekunden, aufgestellt am 14. Juni in Bad Nauheim. Ein Vergleich mit ihrer Bestleistung aus dem Sommer 2012, 11,67 Sekunden, verbietet sich. Beatrice Marscheck hatte sich entschlossen, wieder an Wettkämpfen teilzunehmen. Das war viel wichtiger. Zumal ihre leistungssportliche Motivation nach der dramatischen Verletzung lange Zeit „sehr niedrig“ gewesen sei. Beatrice Marscheck ging ins Training, weil es ihr Spaß machte, sie sich fit halten wollte - und nicht, um Bestleistungen hinterherzujagen.


Die alte und die neue Hessenrekordlerin bei der DM 2012 (Foto: IRIS)

In ihrer Spezialdisziplin, dem Weitsprung, hatte Beatrice Marscheck mit 6,73 Metern sechs Jahre den Hessenrekord inne - bis Xenia Stolz vom Wiesbadener LV in Bad Langensalza dieses Jahr mit 6,74 Metern einen Zentimeter weiter sprang. Marschecks letzter Start im Weitsprung ist über drei Jahre her (6,32 Meter am 27. Juli 2012 in Weinheim).

Nun also die Neuköllner Sportfreunde. Auf seiner Homepage wirbt der Verein mit seiner Weltoffenheit und seinen 16 Abteilungen. Sehr erfolgreich waren die Boxer mit drei olympischen Medaillen, zuletzt 1996 Oktay Urkal mit Silber im Halbweltergewicht. Dazu kommen beachtliche internationale Erfolge, man höre und staune, im Sportkegeln, Rollkunstlaufen und Bowling. Und bekannte Leichtathleten im Trikot mit dem „roten N“? Gab es schon einige. Martin Buß, der Hochsprung-Weltmeister von 2001, wurde bei den Neuköllner SF sportlich sozialisiert. So mancher wird sich auch an die Namen Kerstin Pressler und Ingo Sensburg erinnern. Pressler wurde über 10.000 Meter WM-Zehnte 1987 und nahm ein Jahr später an den Olympischen Spielen in Seoul teil (Platz 21), im Marathon stechen der Sieg in Frankfurt 1989 und Platz fünf in New York (1988) hervor. Sensburg wurde 1976 über 3.000 Meter Hallen-Europameister, dazu gewann er den Berlin-Marathon, als dieser noch im Grunewald gelaufen wurde, dreimal (1976, 1979 und 1980). Aktuell hat der Verein zwei Bundeskaderathleten in seinen Reihen, darunter die Sprinterin Lisa Marie Kwayie, die zusammen mit Lisa Mayer (LG Langgöns/Oberkleen) in der 4x100-Meter-Staffel bei der U20-WM 2014 auf Platz drei lief.

Der Sprint- und Sprunggruppe um Trainer Frank Paul hat sich auch Beatrice Marscheck angeschlossen. Vier bis fünfmal pro Woche geht sie ins Training. Das, was der Lehrberuf zeitlich eben hergibt. Einen gelegentlichen Start im Weitsprung schließt sie nicht aus, ebenso wenig eine Rückkehr nach Gießen, wo sie viele Jahre von Markus Czech, im HLV-Präsidium der Vizepräsident Leistungssport, betreut wurde. „Ich werde mich weiterhin in Hessen und im Kreis Gießen bewerben, um eventuell wieder zurückzukommen“, wird Marscheck zitiert.


Amélie Svensson bei der U20-EM in Eskilstuna (Screenshot schwedisches Fernsehen)

Sogar international unterwegs war in diesem Jahr die Hindernisläuferin Amélie Svensson von der HTG Bad Homburg. Für Schweden. Mitbekommen haben das nur wenige. Bei den U20-Europameisterschaften im schwedischen Eskilstuna belegte die mittlerweile 19-Jährige im Finale über 3.000 Meter Hindernis in 10:40,61 Minuten den beachtlichen sechsten Rang, noch vor der achtplatzierten Deutschen Antonia Hehr (SV Molbergen/10:43,57). Ihre persönliche Bestleistung hatte Svensson zwei Tage zuvor im Vorlauf (10:27,02) aufgestellt. Warum also Schweden? „Ich bin in Bad Homburg geboren, meine Eltern kommen aus Frankreich und Schweden. Ich besitze beide Staatsbürgerschaften.“

Die Nominierung für das schwedische Team erfolgte eher kurzfristig. Gerade zurückgekehrt von einem zweisemestrigen College-Aufenthalt in Florida, verbesserte sich Svensson bei den hessischen Hindernismeisterschaften in Pfungstadt auf 10:34,03 - und erfüllte erstmals den schwedischen U20-EM-Richtwert. Ihren ersten Start im Schweden-Trikot sicherte Amélie Svensson bei einem Rennen in Göteborg ab (10:31,38).

Inzwischen hat für Svensson ein neuer Lebensabschnitt begonnen. Seit Oktober studiert sie am Karlsruher Institut für Technik (KIT) Wirtschaftsingenieurwesen. Mit dem Umzug ins Badische geht der Vereinswechsel zur LG Region Karlsruhe einher. Dort hat sich Svensson der Trainingsgruppe von Günther Scheefer angeschlossen. Zu ihren ambitionierten Mitläufern gehören der Langstreckenläufer Jannik Arbogast sowie die B-Kader-Athleten Christoph Kessler (800 Meter/deutscher U20-Meister 2014) und Melina Tränkle (Marathon/DM-Dritte über 10.000 Meter). Das Jahr 2016 bezeichnet Svensson als „Übergangsjahr“, zumal für sie keine internationalen Nachwuchsmeisterschaften anstehen. Für die U20-WM im russischen Kazan ist sie zu alt. Die nächste U23-EM im polnischen Bydgoszcz findet erst 2017 statt.

Tammo Lotz

 


12/11/2015